Mobbing– Miteinander aus den Fugen

Spielfiguren und Buchstaben

Das Wort Mobbing kommt aus dem Englischen to mob und heißt übersetzt anpöbeln, bedrängen, angreifen. 1963 hat K. Lorenz, resultierend aus seinen Tierstudien, den Begriff Mobbing geprägt und beschrieb ein ursprünglich natürliches Verhalten von Tieren auf Fressfeinde oder andere Gegner. Während der Psychologe Heinemann mit Mobbing eine Gruppenreaktion auf normabweichendes Verhaltens beschrieb, bezog sich später der Arzt Leymann ausschließlich auf das Arbeitsleben.

Mobbing kommt zwar häufig am Arbeitsplatz vor, ist aber auch in Vereinen, Altenheimen, Schulen und im Internet (Cybermobbing) beobachtbar. Immer geht es um komplexe Verhaltensmuster von Gruppen oder Einzelpersonen, deren immer wieder kehrenden Handlungen systematisch ein Opfer schlecht behandeln. Alle Handlungen sind negativ, destruktiv und feindselig und können sowohl verbal als auch nonverbal ablaufen. Selten kommt es zu Gewalt.

Meist beginnt Mobbing unauffällig. Gespräche verstummen, wenn der Betroffene den Raum betritt, Gerüchte werden verbreitet, der Betroffene wird lächerlich gemacht oder seine Aussagen werden verfälscht wieder gegeben. Seine Arbeit wird permanent kritisiert oder nicht erfüllbare Anforderungen gestellt. Anscheinend kann der Betroffene nichts richtig machen, wird als unfähig hingestellt und fühlt sich als Versager. In manchen Fällen werden Arbeitsmittel manipuliert oder beschädigt und kleine Missgeschicke arrangiert. Auch Versetzungen und Urlaubsverweigerungen sind nicht ungewöhnlich. Eine »unsichtbare« Mauer um den Gemobbten und der Boykott von Zusammenarbeit steigern Isolationsgefühle und Leidensdruck. Da der Mensch sich aber in den Geweben des sprachlichen Austausches befindet, von denen er seine Unabhängigkeit nicht erklären kann leidet er unter Ausschluss.

Schätzungen zu Folge sind in Deutschland momentan 1.000.000 Erwerbstätige betroffen, dazu kommen Nicht-Erwerbstätige sowie Kinder und Jugendliche, die gemobbt oder wie diese das nennen gedisst werden. Mobbing am Arbeitsplatz unterscheidet Kollegen- oder rangunterschiedliches Mobbing. In mindesten 40% aller Fälle mobbt der Chef rangniedere Mitarbeiter (bossing), in weiteren 10% tut er das gemeinsam mit anderen Kollegen, aber in nur 2% wird der Chef gemobbt. Kollegen mobben ihre Mitkollegen in 20% aller Fälle.

Die Folgen sind vielschichtig, weitreichend und langwierig. Neben Fluktuation, Fehlzeiten, Minderleistungen für Unternehmen trifft es das Opfer besonders menschlich hart. Soziale Isolation, Partnerschaftsprobleme, Ohnmachtsgefühle, innere Kündigung bis hin zu posttraumatischen Belastungstörungen können die Folge sein. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten geht verloren, Selbstzweifel machen sich breit, Konzentrationsschwäche und Angstzustände können auftreten. Schlussendlich wird das Opfer versetzt oder kündigt freiwillig.

Oft beginnt hier der Teufelskreis, das Gedankenkarussell steht nicht mehr still, und es scheint keinen Ausweg zu geben. Das Gefühl selbst schuld zu sein ist ein erster Schritt einer Abwärtsspirale, die infolge von Dauerstress auch zu körperlichen Beschwerden führt. Forschungsergebnisse zur Mitschuld sind zwiespältig zu betrachten. Wissenschaftler haben heraus gefunden, dass Opfer meist konfliktscheuer, unterwürfiger und ängstlicher sind als andere, aber wie die Frage nach dem Huhn und dem Ei zeigt, kann das auch eine Folge von Mobbing sein.

Mobber hingegen zeigen keine Zeichen von Angst und strotzen scheinbar vor Selbstbewusstein. Auch hier trügt der Schein, denn Theorien zu Folge nutzen sie ihre Opfer, um ihr geringes Selbstbewusstsein aufzumöbeln. Einigkeit bei der Ursachenforschung besteht über die strukturellen Mobbingfaktoren. Schlechte Arbeitsorganisation, fehlende Führung, drohende Arbeitslosigkeit, Stress, Mangel an Information und Kommunikation, wenig Handlungsspielraum und ungerechte Verteilung der Arbeit begünstigen Mobbing.

Was können Betroffene tun? Wehren Sie sich und lassen sie sich nicht einreden, sie seien am Mobbing selbst schuld! Fragen sie nach Gründen, wenn Gespräche verstummen, sprechen Sie Konflikte offen an, vermeiden Sie es, mit dem Mobber allein zu sein, und machen Sie sich Aufzeichnungen über Schikanen, die Ihnen evtl. beim Personalrat oder der Firmenleitung hilfreich sein können. Zeigen Sie sich selbstbewusst und holen Sie sich Hilfe bei Freunden, Familie, Kollegen oder in einer Selbsthilfegruppe. Ständiges Mobbing macht mürbe, vermindert den Selbstwert und das Befinden, so dass psychologische Beratung bei großen psychischen Belastungen hilfreich sein kann. Mobbing entsteht nur, wenn Sie es zulassen. Ändern Sie bei sich was, dann ändert sich was.